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Nachhaltigkeitsstrategien für Unternehmen: Eine Siemens-Fallstudie

Ruth Stanat

Siemens ist eines der weltweit bedeutendsten Unternehmen und Europas größter Technologiekonzern. Mit 430.000 Mitarbeitern, einem Umsatz von $77 Milliarden und einer industriellen Fertigung hat das Unternehmen natürlich einen großen Einfluss auf die Treibhausgasemissionen und emittiert 4,53 Millionen Tonnen CO2e.

Siemens und der Klimawandel

Siemens hat den Klimawandel als eine der größten Herausforderungen für die Menschheit anerkannt, neben der weltweiten Armut und dem Zugang aller Menschen zu angemessener Sanitärversorgung und Energie. Diese Perspektive hat dazu beigetragen, dass die Produkte des Unternehmens 15 Mal so viel CO2 einsparen wie das Unternehmen insgesamt. Siemens investiert jährlich 2 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung, besitzt stolze 30.000 Patente im Bereich Umwelttechnologie und bietet effiziente Lösungen, die den Klimawandel besser bekämpfen.

Das Ziel des Unternehmens ist es, ein Vorreiter bei der Reduzierung des Klimawandels zu werden, indem es die Leistung der Kunden durch effiziente Produkte verbessert. Tatsächlich hat das Unternehmen gegenüber den Medien erklärt, dass es das umweltfreundlichste Portfolio an Industrietechnologien hat. Darüber hinaus hat Siemens öffentlich die Notwendigkeit anerkannt, Klimawandel und Energieeffizienz in seinen Betrieben, seiner Kommunikation, seinen funktionsübergreifenden Gremien, seiner Produktentwicklung und seiner Mitgliedschaft in Nichtregierungsorganisationen zu berücksichtigen. Darüber hinaus hat sich Siemens konkrete Ziele für die Zukunft gesetzt: Die Unternehmensführung erwartet bis 2011 eine Steigerung der Energieeffizienz um 201T und eine Reduzierung der weltweiten Kohlendioxidemissionen um 201T. Angesichts der Größe des Unternehmens, seiner globalen Forschung und seiner industriellen Technologielösungen verfügt das Unternehmen über eine starke Plattform, um den Klimawandel zu beeinflussen.

Zentrale Fragestellung

Diese Untersuchung soll eine zentrale Frage beantworten: Wie hat Siemens Pläne umgesetzt, umweltfreundliche Produkte herzustellen und seine Betriebsabläufe umweltfreundlicher zu gestalten? Tatsächlich ist Siemens vertikal organisiert und besteht aus vielen strategischen Geschäftseinheiten mit sehr unterschiedlichen Geschäftsabläufen. Diese Frage befasst sich mit der Frage, wie ein so vielfältiger Konzern wie Siemens den Klimawandel in seine Geschäftsbereiche integriert hat. Die eingehendere Untersuchung dieser Frage kann dazu beitragen, Empfehlungen abzugeben und bestehende Herausforderungen zu verstehen.

Analyse zum Umgang von Siemens mit dem Klimawandel

Die allgemeine Haltung und Botschaft von Siemens zum Klimawandel besteht darin, dass der Klimawandel in einen größeren Diskurs über ernsthafte Herausforderungen passt, denen die Menschheit und sozial verantwortliche Unternehmen gegenüberstehen. Im Wesentlichen sieht Siemens seine Rolle darin, Technologien bereitzustellen, mit denen diese Probleme besser gelöst werden können, und gleichzeitig den Wert für die Aktionäre zu steigern. Das Management erkennt die Schwere des Klimawandels für das menschliche Leben an, ohne die Komplexität der Probleme zu vernachlässigen.

Eine weitere Überlegung ist die Förderung einer Nachhaltigkeitskampagne, die der der Konkurrenz ähnelt, die den Klimawandel weitgehend in ihre Nachhaltigkeitsziele integriert hat. Phillips (EcoVision) war beispielsweise einer der ersten Wettbewerber, der große globale PR-Aktionen startete, um der Öffentlichkeit und den Kunden seine Umweltfreundlichkeit zu demonstrieren. General Electric (GE) startete 2005 seine bemerkenswerte „Ecomagination“-Kampagne. ABB hatte einen Slogan: „Energie und Produktivität für eine bessere Welt“.

Siemens hat sich diesen Problemen nach dem Vorbild vieler seiner Konkurrenten angenommen und sich mit einer eigenen Kampagne an diesen Bemühungen beteiligt. Gemeinsam mit der Boston Consulting Group entwickelte das Unternehmen eine Definition von Best Practices im Bereich der Umweltverträglichkeit im industriellen Engineering. Sie kamen zu der Definition „Umweltfreundliche Produkte und Lösungen“, die „deutlich bessere Umweltstandards als der Durchschnitt der installierten Basis“ erfüllen. Diese Definition begünstigte die Produkte von Siemens, da Siemens das größte Volumen an umweltfreundlichen Produkten aufweist. Mit der Definition von Siemens beansprucht Siemens 19 Milliarden Euro gegenüber 13 Milliarden Euro von GE und 6 Milliarden Euro von Phillips. Darüber hinaus kann Siemens behaupten, dass der Anteil umweltfreundlicher Produkte an seiner Fertigung 251 TP3T beträgt, gegenüber mageren 141 TP3T von GE und 231 TP3T von Phillips.

Die grünen Initiativen von Siemens im Blick

Siemens ist ein globaler Mischkonzern und hat Hunderte von globalen Projekten, die Teil eines großen „Öko-Portfolios“ sind. In diesem Dokument werden nur einige der jüngsten internationalen Projekte beleuchtet, um zu zeigen, wie verschiedene Geschäftsbereiche den Klimawandel auf unterschiedliche Weise bekämpfen. Siemens ist ein globales deutsches Unternehmen im Bereich der industriellen Fertigung, das komplexe grenzüberschreitende Transaktionen mit globalen Kunden erfordert. Daher fällt die Analyse seiner Aktivitäten in den Vereinigten Staaten in den internationalen Rahmen dieser Analyse. Im Allgemeinen konzentriert sich das Unternehmen auf die Erzeugung erneuerbarer Energie, effiziente herkömmliche Energieerzeugung, effiziente Energieübertragungssysteme, effiziente Heizung und Beleuchtung, effizienten Transport und Energie-/Treibhausgasüberwachungssysteme.

Siemens Power Generation (SPG) konzentriert sich auf drei Schlüssellösungen. Erstens setzt das Unternehmen langfristig auf die CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) bei der Kohleverstromung. Der Ansatz basiert auf einer erhöhten Effizienz der CO2-Abscheidung vor der Verbrennung in Gas- und Dampfturbinenkraftwerken (IGCC). Das Management von Siemens erwartet, dass dies bis 2014 für den großflächigen kommerziellen Einsatz bereit sein wird. Zweitens konzentriert sich Siemens auf die CO2-Abscheidung nach der Verbrennung, indem es aktuelle Lösungsmittel und Prozesse optimiert und die Einheit in die Energieanlage integriert. Für Siemens beinhaltet das gesamte System zur CO2-Abscheidung nach der Verbrennung eine weitere Stufe zur Entfernung von CO2 und wird insbesondere in nachgerüsteten älteren Kraftwerken eingesetzt. Außerdem ist Siemens Mitglied des CASTOR-Projekts der Europäischen Kommission, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Kosten der CO2-Abscheidung nach der Verbrennung auf 20-30 €/t CO2 zu senken. Drittens konzentriert sich das Unternehmen auf die Effizienz von CO2-Kompressoren, insbesondere von „Getriebekompressoren“. Analytisch betrachtet geht Siemens mit seinem Ansatz zwar davon aus, dass Kohle enorme Kostenvorteile bietet, die dramatische Veränderungen wirtschaftlich aufwiegen, versucht aber dennoch, Kohlenstoff verantwortungsvoll abzuscheiden und zu speichern, um den Klimawandel zu bekämpfen.

Darüber hinaus hat Siemens Technologien zur effizienten Energieübertragung entwickelt und vermarktet. Eine der fortschrittlichen Übertragungsinitiativen von Siemens sind Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsverbindungen (HGÜ), die auf die Netzeffizienz abzielen. So erhielt Siemens Energy 2008 den Auftrag zum Bau eines 3000-Megawatt-HGÜ-Systems zwischen der chinesischen Provinz Guizhou und Guangdong. Das Projekt umfasste in Zusammenarbeit mit chinesischen Partnern die Entwicklung eines Systems, das Energie mit einer Übertragungsspannung von 800 kV transportieren kann. Die Vorteile lagen in der Reduzierung von Treibhausgasen durch eine einfachere Anbindung abgelegener Kraftwerke. Dies erhöhte die ins Netz eingespeiste Energiemenge und machte gleichzeitig die Energieübertragung effizienter. Ein weiteres ähnliches HGÜ-Projekt von Siemens in China verband einen Staudamm zwischen der Provinz Yunan und Guangzhou und Shenzhen. In China wäre die Alternative Kohlekraft. Ebenso waren die Vorteile einer effizienten Anbindung einer erneuerbaren Energiequelle an abgelegenere Gebiete ohne den Bau umweltschädlicher Kohlekraftwerke erheblich.

Darüber hinaus ist erneuerbare Windenergie ein wichtiger Bestandteil des Öko-Portfolios von Siemens. Siemens Energy baut Windturbinen und behauptet, Ende 2008 weltweit 1.800 Megawatt Offshore-Windkapazität installiert oder bestellt zu haben. Ein großes Projekt vor der dänischen Küste war der 2008 mit E.ON abgeschlossene Vertrag über den Bau von 90 Windturbinen für den Windpark Rodsand II. Die Turbinen sollen 2010 fertiggestellt werden und eine Leistung von 207 Megawatt erbringen. Ein weiteres großes Projekt in Schweden ist der Vertrag von Siemens zum Bau von Windturbinen für einen riesigen Windpark des Unternehmens Vattenfall. Das Projekt wird 170 Megawatt erzeugen. Neben der Turbinenherstellung stellt Siemens auch die Turbineneffizienz durch umfangreiche Forschung und Modellierung weltweit sicher. Zu diesem Zweck betreibt Siemens Forschungs- und Entwicklungszentren für Windturbinen in Dänemark, Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien.

In Colorado hat Siemens kürzlich in Zusammenarbeit mit dem National Wind Technology Center (NWTC) ein Forschungszentrum für Windturbinen eröffnet. Die Einrichtung, die sich auf die Erforschung und Entwicklung besserer Turbinen konzentriert, wird die Forschungsergebnisse zur Windtechnologie an die anderen Siemens-Zentren weltweit weitergeben. Darüber hinaus arbeitet Siemens Energy mit dem Lawrence Livermore National Laboratory zusammen, um Labormodelle für atmosphärische Bedingungen bereitzustellen. Dies kann dazu beitragen, die Effizienz von Windparks zu steigern, die in einigen Fällen durch 20%-Unterschiede zwischen der tatsächlichen Leistung und den ursprünglichen Prognosen beeinträchtigt wird. Analytisch gesehen steht dieses Engagement im Einklang mit dem Ansatz von Siemens, wirksame Produkte bereitzustellen und gleichzeitig Technologien zur Bekämpfung des Klimawandels voranzutreiben.

Siemens hat erneuerbare Energie aus Mülldeponien kommerzialisiert, um das Treibhausgas Methan aus verrottendem Müll in Energie für industrielle Zwecke umzuwandeln. Siemens betrachtet diese erneuerbare Energie als profitabel und ökologisch wertvoll. So arbeitete beispielsweise die Mülldeponie Three Rivers in South Carolina mit Siemens Building Technologies zusammen, um das Gas für die Verwendung als Brennstoff aufzubereiten. Siemens arbeitete dann mit Kimberly Clark zusammen, das das Gas aufbereitet und für eigene Zwecke nutzt. Dieser Prozess reduziert fossile Brennstoffe, indem er vorhandenen Abfall nutzbar macht. Da der Prozess über eine Entfernung von mehreren Dutzend Meilen stattfand, steigerte er auch die Übertragungseffizienz mit der fortschrittlichen Energieübertragungstechnologie von Siemens. Gleichzeitig bot er dem Käufer Kimberly Clarke wirtschaftliche Vorteile, da er die Energie von Siemens zu einem viel niedrigeren Preis als herkömmlichen Strom kaufen kann. Die Reduzierung durch dieses Siemens-Projekt hat laut EPA den Treibhausgasausstoß von 41.000 Autos von den Straßen genommen.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Öko-Portfolios von Siemens sind energiesparende Nachrüstungen durch Siemens Building Technologies. Ein Beispiel hierfür ist das Greensboro Coliseum in North Carolina, eines der größten Sportstadien an der US-Ostküste. Siemens wurde beauftragt, energiesparende Beleuchtungssysteme, Wassersparsysteme und umfangreiche Änderungen an der Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlage (HLK) nachzurüsten. Durch die Renovierung konnte der Energieverbrauch um 251 TP3T gesenkt werden. Der Wasser- und Erdgasverbrauch sank um 501 TP3T. Das Sportstadion verzeichnete geringere Wartungskosten, Energieeinsparungen und einen höheren Komfort für die Mieter. Durch dieses Siemens-Projekt wird der CO2-Fußabdruck von 530 Autos reduziert.

Effizienter Transport ist ein weiterer Aspekt des Öko-Portfolios. Die Hybridantriebssysteme von Siemens, die weltweit an Bushersteller verkauft werden, bestehen aus einem ELFA-System, das den Energieverbrauch optimiert. Die Folge war eine komfortable Leistung dieser Busse mit 40% weniger Energieverbrauch und Kohlendioxidemissionen. Da sie häufig in städtischen Gebieten fahren, können die Busse auch die Luftqualität in Städten verbessern und die Auswirkungen von Smog reduzieren. Aufgrund der Systeme hat die Clinton Climate Initiative Siemens Energy and Automation Inc. ins Boot geholt, da in Städten weltweit über 1.000 Hybridantriebssysteme in großem Maßstab implementiert wurden.

Ein weiterer Bestandteil von Siemens‘ Plan zur Bekämpfung des Klimawandels ist die Mitgliedschaft in Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Zu Siemens‘ jüngstem Beitrag gehörte die Mitarbeit am Arbeitspapier des Weltwirtschaftsforums. Siemens ist auch Mitglied der Top-Unternehmen des Climate Leadership Index des Carbon Disclosure Project. Eine weitere wichtige Mitgliedschaft ist die US Climate Action Partnership (USCAP). Insbesondere arbeitete Siemens mit zwei Dutzend Unternehmen der USCAP an der Entwicklung eines legislativen Konsenses als Teil eines „Plans für gesetzgeberische Maßnahmen“. Diese Mitgliedschaft bedeutet, dass Siemens Klimaschutzgesetze unterstützt, um die Emissionsreduktionen bis 2050 auf das Niveau von 2005 zu senken, sowie ein Emissionshandelssystem mit Emissionsrechten. GE, ein direkter Konkurrent, ist ebenfalls Mitglied, was zeigt, dass die Wettbewerber den Klimawandel ernst nehmen und der Öffentlichkeit ihre eigenen ökologischen Referenzen vermitteln.

Darüber hinaus hat Siemens einen Nachhaltigkeitsrat aus Führungskräften gebildet, der Botschaften an die Öffentlichkeit vermitteln und Nachhaltigkeitsbemühungen im gesamten Unternehmen steuern soll. Das Unternehmen ernannte Barbara Kux, Chief Sustainability Officer, zur Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen in verschiedenen Geschäftsbereichen. Obwohl die Rolle des Nachhaltigkeitsrats darin besteht, Nachhaltigkeitsbemühungen zu koordinieren, sind nur wenige Informationen über die Bemühungen des Rates verfügbar.

Zukunftsausblick

Siemens hat die Auswirkungen der globalen Rezession auf seine Geschäftsentwicklung anerkannt. Die Siemens-Aktie verlor von April 2008 bis 2009 ungefähr die Hälfte ihres Wertes, blieb aber Ende April 2009 stabil bei rund $65 pro Aktie. Dennoch prognostiziert das Unternehmen, dass sein „Umweltportfolio“ bis 2011 fast 25 Milliarden Euro des weltweiten Umsatzes ausmachen wird, basierend auf einem erwarteten jährlichen Wachstum von 10%. Analytisch zeigt dieses Ziel die hohen Erwartungen des Managements an die grünen Lösungen von Siemens. Laut PricewaterhouseCoopers werden die Auswirkungen der Siemens-Produkte bis 2011 voraussichtlich zu einer Emissionsreduzierung von 275 Millionen Tonnen führen, was den Gesamtemissionen von sechs der größten Städte der Welt entspricht. Wenn dies geschieht, wird Siemens ein weiteres grünes Zertifikat erhalten, das einen Teil der gegen das Unternehmen erhobenen Kritik abmildern wird.

Herausforderungen & Kritik

Fang Zhou hat das Nachhaltigkeitsengagement von Siemens eingehend untersucht. In einer Studie aus dem Jahr 2004, die sich auf Siemens Australien konzentrierte, stieß Fang auf mehrere herausfordernde Erkenntnisse. Fang stellte fest, dass nur 401 der Geschäftseinheiten am Top-Verbesserungsprogramm von Siemens teilnahmen, das sich mit ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit befasste. Der Grund dafür war, dass die Mitarbeiter es als zu allgemein, unklar und Zeitverschwendung empfanden. Es fehlten Anreize, Bewusstsein und Leistungsmaßstäbe, abgesehen von einer strikten Betonung der finanziellen Leistung. Fang drückte es unverblümt aus: „Die Ergebnisse zeigten eine erhebliche Lücke zwischen dem, was für Siemens wichtig ist, und der Leistung von Siemens in Bezug auf ökologische und soziale Nachhaltigkeit.“ Im Wesentlichen muss Siemens seine Personalressourcen besser nutzen und optimieren, um seine Ziele zu erreichen.

Experten haben die Definition von „grün“ von Siemens in Frage gestellt, insbesondere weil sie Siemens dabei half, der Öffentlichkeit ein stärkeres Engagement im Kampf gegen den Klimawandel zu demonstrieren. Der Spezialist Gunter Schoech von der GL Group äußerte seine Bedenken. Siemens bietet kombinierte Gas- und Dampfturbinen an. Sein Argument war, wie könne man diese als „grün“ bezeichnen, wenn dieses Turbinensystem jährlich immer noch 2 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausstößt? Seiner Analyse zufolge könne es nur in dem Sinne als „grün“ bezeichnet werden, dass es im Vergleich zu früheren Generationen effizienter sei. Siemens müsste ausdrücklich behaupten, dass es 2% effizienter sei als die letzte Turbinengeneration.

Darüber hinaus analysierte Schoech, dass der Nachhaltigkeitsrat von Siemens möglicherweise mit einer erschreckenden Ineffizienz konfrontiert ist, die bereits vielen abteilungsübergreifenden, unternehmensweiten Gremien von Siemens vorausging. Die Ursache ihres Versagens war die Unfähigkeit zur abteilungsübergreifenden Umsetzung, die sich in den verschiedenen Fachgebieten von Siemens sicherlich unterscheidet. Er vermutete, dass es in der Vergangenheit nicht genügend Anreize und Motivation gab, abteilungsübergreifend an nachhaltigen Lösungen zu arbeiten, ähnlich wie Fangs oben erwähnte Erkenntnisse.
Für Siemens stehen noch weitere Herausforderungen an, insbesondere im Vergleich zu seinen Konkurrenten. Die Botschaft von Siemens, sich stärker für den Klimawandel zu engagieren, ist möglicherweise weniger auffällig als GEs starke Marketingkampagne „Ecomagination“. Bis heute verfügt Siemens‘ Initiative – anders als GE und ABB – weder über einen auffälligen Slogan noch über ein Botschaftsprogramm, um der Öffentlichkeit sein Engagement für den Klimawandel zu vermitteln. Stattdessen wird der Klimawandel auf dem Siemens-YouTube-Kanal, einem Kontaktpunkt mit Verbrauchern und Unternehmen, von der Öffentlichkeit als nur eines von vielen anderen Themen wahrgenommen, mit denen sich Siemens befasst.

Siemens war im letzten Jahrzehnt mit demütigenden Bestechungsskandalen konfrontiert, die die Beziehungen zu Regierungen und der Öffentlichkeit gefährden. Erstens beteiligte sich das Unternehmen am Öl-für-Lebensmittel-Programm und wurde beschuldigt, Zuschläge an Saddam Husseins Regierung gezahlt zu haben. Zweitens stand Siemens in den letzten Jahren wegen Korruptionsskandalen im Wert von 1,3 Milliarden Euro im Rampenlicht. Drittens musste das Unternehmen aufgrund von Korruption im Ausland eine Geldstrafe von 143 Milliarden Euro an ein deutsches Gericht zahlen. Siemens sieht sich außerdem in Chattanooga mit einer Klage wegen schlechter Konstruktion einer Klärschlammbehandlungsanlage konfrontiert. Weitere Skandale betreffen die Finanzierung der konkurrierenden Gewerkschaft AUB, um ihre wichtigste konkurrierende Gewerkschaft, die IG Metall, zu entwaffnen. Am 23. April 2009 durchsuchte die Kriminalpolizei des Verteidigungsministeriums die Büros von Siemens Medical Solutions in Pennsylvania, nachdem ein Auftrag für militärische Bildgebung vergeben worden war. Siemens muss also nicht nur für seine Klimainitiativen, sondern auch für seine Fähigkeit, Regierungsaufträge zu gewinnen, Vertrauen aufbauen.

Auch die Öffentlichkeit ist mit dem Engagement von Siemens nicht ganz zufrieden. Obwohl Siemens in seiner politischen Haltung gut abschneidet, bezeichnet Climate Counts Siemens als „aufstrebendes“ Unternehmen, das nach seinen starken Zuwächsen im Jahr 2007 noch viel zu tun hat. Tatsächlich gab Climate Counts Siemens in den Bereichen Transparenz (6 von 12 Punkten), interner Energieverbrauch (23 von 56 Punkten) und interne Kohlenstoffbilanzierung (14 von 22 Punkten) unbefriedigende halbe Punkte. Darüber hinaus hat Greenpeace in Frage gestellt, wie offen Siemens bei der Offenlegung und Beseitigung schädlicher Chemikalien aus seinen Betrieben und seiner Produktion war. So hat Fujitsu-Siemens beispielsweise weder versprochen, seinen Chemikalienverbrauch offenzulegen, noch sich verpflichtet, Polyvinylchlorid (PVC) und bromierte Flammschutzmittel (BFRs) zu eliminieren.

Empfehlungen und bewertende Schlussfolgerungen

Siemens ist ein Musterbeispiel für ein Unternehmen, das umweltfreundliche Produkte als Mittel zur Bekämpfung der Erderwärmung betrachtet und gleichzeitig seine eigenen Betriebsabläufe effizienter gestaltet. Indem Siemens weniger Inputs und mehr Outputs erzeugt, steigert es den Wert für seine Aktionäre und nützt der Umwelt. Diese Strategie hat weder die Umsätze beschränkt noch die betriebliche Integration gefährdet; im Gegenteil, sie hat sie so weit gesteigert, dass das Management von Siemens stolz verkündet, dass bis 2011 251.000 Tonnen seines Öko-Portfolios aus umweltfreundlichen Produkten bestehen werden. Durch die Zusammenarbeit mit Regierungen und namhaften Nichtregierungsorganisationen baut Siemens in aller Stille das Wohlwollen der am Klimawandel interessierten Interessenvertreter auf.

Das Hauptproblem besteht darin, dass Siemens sein Engagement optimiert und einheitliche Anstrengungen in verschiedenen Geschäftsbereichen umsetzt. Untersuchungen haben gezeigt, dass Mitarbeiter und Manager sich nicht vollständig darüber im Klaren sind, wie Nachhaltigkeit zu managen ist, insbesondere in verschiedenen Geschäftsbereichen. Infolgedessen wird die Wirksamkeit der Bemühungen von Siemens möglicherweise nicht voll ausgeschöpft. Wie bereits erwähnt, ist das funktionsübergreifende Nachhaltigkeitsgremium von Siemens möglicherweise aufgrund der früheren Versäumnisse ähnlicher Gremien bei Siemens ineffektiv.

Laut Fang Zhou, der bei Siemens-Mitarbeitern umfangreiche Feldforschungen zum Thema Nachhaltigkeit durchgeführt hat, gibt es mehrere Empfehlungen. Erstens muss Siemens das Bewusstsein und die Fähigkeiten des Managements für soziale Verantwortung entwickeln. Zweitens muss das Unternehmen robuste Leistungskennzahlen bereitstellen, deren ordnungsgemäße Umsetzung überprüft werden kann. Drittens müssen die Anreize verbessert werden. Viertens muss die Kommunikation verbessert werden, um die Visionen von Siemens gegenüber den Stakeholdern besser zu vermitteln. Und schließlich muss Nachhaltigkeit in die strategische Planung und die globale Strategie integriert werden, um Leistung, operative Exzellenz und Nachhaltigkeit besser in Einklang zu bringen.

Über diese forschungsbasierten Vorschläge hinaus sollte Siemens die aggressive Entwicklung der effizientesten Produkte der Branche in Betracht ziehen. Effizienz ist aufgrund (1) des Klimawandels, (2) der Betonung der Effizienz in der globalen Rezession und (3) der steigenden Energiekosten ein wichtiges Paradigma bei Industrieprodukten. Unternehmen mit den effizientesten Produkten können Wettbewerbsvorteile entwickeln. Solche Wettbewerbsvorteile sind von entscheidender Bedeutung, da der Wettbewerb zwischen GE, ABB und Siemens hart ist.

Darüber hinaus ist das Engagement von Siemens im Kampf gegen den Klimawandel in der Öffentlichkeit weniger bekannt als die Initiativen von GE. Siemens selbst definierte Kennzahlen zeigen, dass das Unternehmen mit seinen effizienten Produkten das beste seiner Klasse ist und eine der höchsten jährlichen Investitionen in umweltfreundliche Produkte tätigt. Doch seine Kommunikationsbotschaften sind nicht so prägnant wie die von GE. Dies führt uns zurück zu der Frage, wie die Umsetzung der Nachhaltigkeitskampagne optimiert und verbessert werden kann.

Obwohl Siemens seine Aktivitäten transparent macht, hat dies Öffentlichkeiten wie Greenpeace nicht davon abgehalten, die Entsorgung gefährlicher Chemikalien zu hinterfragen. Da Siemens Power Generation auf die CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) setzt, sollte das Unternehmen darüber nachdenken, die Vorteile und die Sicherheit klar zu verteidigen. Denn Organisationen, die gegen „saubere Kohle“ sind, stellen in den Mainstream-Fernseh- und Online-Medien Behauptungen auf. Gleichzeitig sollte Siemens seine Beziehungen zu Regierungen pflegen, da es mit sehr schweren Korruptionsvorwürfen konfrontiert ist. Andernfalls kann dies seine Ziele im Kampf gegen den Klimawandel gefährden.

Durch die gezielte Umsetzung weiterer Maßnahmen in verschiedenen Geschäftsbereichen kann Siemens seine bereits starken Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel optimieren und gleichzeitig einen Mehrwert für Kunden und Investoren schaffen.

Daten

Abbildung 1: Das Unternehmen Siemens Power Generation erzielt aufgrund des alternden US-Stromnetzes große Gewinne und Wachstum durch die Bereitstellung einer effizienten Energieübertragung. 

Die Botschaft an die Aktionäre in dieser Rede bestand im Wesentlichen darin, dass die Spitzentechnologien von Siemens nicht nur zum Gewinn beitragen, sondern auch das Stromnetz verbessern, um der ineffizienten Energieübertragung und ihren Auswirkungen auf den Klimawandel entgegenzuwirken.

Das Diagramm zeigt einen roten Punkt, der einen stark steigenden Bedarf an Ersatz für die alternde Infrastruktur anzeigt. Siemens kann diesen Bedarf mit effizienten Netzlösungen decken.

Hervorgehobene Datenzusammenfassung:

  • Laut UBS und Siemens liegt der größte Bedarf für den „Ersatz“ der alternden europäischen Infrastruktur in den Jahren 2012, 2016, 2018, 2026 und 2030
  • Der Wert der europäischen Ersatzbeschaffungen liegt zwischen 5 und 26 Milliarden Euro pro Jahr

Quelle: Siemens-Publikationen.

 

Abbildung 2: Siemens Power Generation demonstrierte den Aktionären, wie das Unternehmen die Gewinne seiner Sparte maximiert hat. 

Tatsächlich zeigt dieser Erfolgsmaßstab, wie sich die Einbeziehung umweltfreundlicher Produkte in die Stromerzeugung positiv auf das Endergebnis auswirken kann.

Hervorgehobene Zusammenfassung

  • Das Umsatzwachstum stieg 2008 um 15% CAGR
  • Die Kapitalrendite (ROCE) stieg um satte 80%
  • Der Gewinn der Division stieg um 40% CAGR

Quelle: Siemens-Publikationen.

 

Abbildung 3: Finanzieller Beitrag der Stromerzeugung zum Gewinn von Siemens.  Die Tabelle zeigt, dass einige der Geschäftsbereiche, die sich dem Klimawandel widmen, den höchsten Beitrag zum Unternehmensgewinn von Siemens leisten.

Hervorgehobene Zusammenfassung des Wachstums der Green Businesses von Siemens:

  • Erneuerbare Energien – 38% bereinigtes Auftragswachstum von 2008 bis 2009
  • Antriebstechnologien – 16% bereinigtes Auftragswachstum von 2008 bis 2009
  • Building Technologies (z. B. umweltfreundliche Sanierungen) – 3% bereinigtes Auftragswachstum von 2008 bis 2009
  • Power Transmission – 1% bereinigtes Auftragswachstum von 2008 bis 2009
  • Stromverteilung – 6% bereinigtes Auftragswachstum von 2008 bis 2009

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Ruth Stanat

Gründerin und CEO von SIS International Research & Strategy. Mit über 40 Jahren Erfahrung in strategischer Planung und globaler Marktbeobachtung ist sie eine vertrauenswürdige globale Führungspersönlichkeit, die Unternehmen dabei hilft, internationalen Erfolg zu erzielen.